Sie gehören zu den ersten Farbklecksen im Vorfrühling: Gänseblümchen. Aber macht sie das zu Frühblühern? Streng genommen wachsen Gänseblümchen das ganze Jahr über. Hitze, Kälte, Wind und Wetter; sie überstehen ziemlich viel. Aber zu welcher Jahreszeit sind sie dann zuzuordnen?
Was qualifiziert eine Pflanze dazu, sich Frühblüher nennen zu dürfen?
Fangen wir im Frühling an. In der Alltagssprache unterteilen wir die Jahreszeiten in unseren gemäßigten Breitengraden in Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die Biologie teilt diese Zeiten allerdings noch genauer auf in die sogenannten phänologischen Jahreszeiten. Diese 10 Abschnitte orientieren sich an bestimmten Pflanzen. Der Frühling beginnt streng genommen also mit dem sogenannten Vorfrühling. Dieser wird durch die Blüte von Hasel, Märzenbecher und Schneeglöckchen (Bild rechts) markiert und beginnt in der Regel Ende Februar bis Anfang März, je nach Wetterlage.

In den letzten Jahren setzt sich ein beunruhigender Trend fort: Der Vorfrühling beginnt immer früher. Das wurde zum Beispiel mit einer flächendeckenden Beobachtung von Haselbäumen und -sträuchern beobachtet. Diese Entwicklung ist deswegen beunruhigend, da mit einem früheren Vorfrühling sich auch die anderen Jahreszeiten nach vorne verschieben. Langfristig wird die trockene Phase im Sommer so immer länger und die wichtigen blatt- und fruchttreibenden Phasen im Frühling und Herbst immer kürzer.
Die erste blattreibende Phase im Vorfrühling ist nämlich das, worauf die Frühblüher aus sind. Dadurch, dass sie als allererste aufwachen und Blätter entwickeln, haben sie eine Chance auf mehr Sonne, Wasser und die Gunst der ersten Bestäuber. Sie beginnen jetzt zügig, Blüten auszubilden, um dann zur Frucht- und Samenausbildung zu kommen. Fangen erstmal die größeren Sträucher und Bäume rundherum an, Blätter und Blüten auszubilden, ist für die die Konkurrenz um Licht und Bestäuber zu groß, und sie ziehen sich zurück. Frühjahrsblüher sind also Pflanzen, die nah am Boden wachsen, dort von der ersten Wärme und Licht profitieren, und sich zurückziehen, wenn die „Großen“ um sie herum nachziehen.
Das Gänseblümchen ist kein Frühblüher im engeren Sinne, da es sich im Laufe des Jahres nicht zurückzieht und nur ausschließlich im Frühling vorkommt, sondern das ganze Jahr über zu sehen ist. Es ist aber definitiv ein Frühblüher in dem Sinne, dass es eben früh blüht und somit den Beginn des Frühlings mit markiert.
Was macht das Gänseblümchen besonders?
Das Gänseblümchen ist in unseren Breiten ein so alltäglicher Anblick in der Natur, dass viele es einfach als gegeben wahrnehmen – oder ganz übersehen. Dabei ist der Korbblüter Bellis perennis, das auch Maßliebchen, Tausendschön oder Margritli („Kleine Margerite“) genannt wird, eine robuste, vielseitige und beeindruckende Pflanze. Sie blüht von Anfang bis Mitte Februar bis in den November hinein und lässt damit nur die Kälte des Winters aus. Diesen überlebt es unter Schnee und Eis; das Gänseblümchen ist eine mehrjährige Pflanze. Das krautige Pflänzchen kommt sogar mit Temperaturen bis zu -15 Grad zurecht!
In der Regel taucht es auf nährstoffreichen Wiesen, in Parks, auf Spielplätzen und im heimischen Garten auf. Von manchen Gärtnern wird das Gänseblümchen als Unkraut betrachtet – dabei hat es gerade im Garten eine wichtige Rolle inne! Durch seine ausdauernde Natur kommt es nämlich auch sehr gut mit nährstoffarmen Boden aus, im Gegensatz zu anderen Pflanzen. So wächst es zum Beispiel auch auf stark verdichteten, schweren Böden. Das Gänseblümchen gehört zu dem Pflanzen, die ihre Wurzeln als Rhizom (das heißt, als langen Wurzelstock) ausbilden, der tief in den Unterboden und damit zu den Nährstoffen vordringen kann. Auch der Löwenzahn bildet solche langen Wurzeln aus.
Deswegen kommen sie zum Beispiel auch auf Trampelpfaden oder stark genutzen Wiesen wie in Parks vor, wo andere Pflänzchen schon längst aufgegeben hätten. Die Wurzeln des Gänseblümchens dringen tief in den schweren Boden ein, lüften und beleben den Oberboden und fördern Nährstoffe zutage. In der Landwirtschaft wird es deswegen als Zeigerart betrachtet, die einen stark verdichteten Boden anzeigt.
Blümchenwissen für den nächsten Spaziergang
Eine tolle Fähigkeit des Gänseblümchens kannst Du gerade jetzt im Vorfrühling besonders gut beobachten. Denn dadurch, dass noch nicht viel anderes wächst und auch Gras und Rasen vielerorts noch ruhen, ist es noch einfacher, sich ein Gänseblümchen auszusuchen und genau anzuschauen. Die Blütenköpfchen des Gänseblümchens haben zwei Besonderheiten.
- Das, was wir denken, dass die Blüte ist, ist gar nicht die Blüte. Der weiße Schirmkranz mit oft rosa Spitzen sieht zwar schön aus, er ist aber nur dazu da, die Blüte größer erscheinen zu lassen. Eigentlich hat das Gänseblümchen viele kleine Einzelblüten, die ganz eng nebeneinander zusammengefasst sind – nämlich die gelbe Mitte der Scheinblüte. Wenn man ganz nah rangeht, vielleicht sogar mit einer Lupe, kann man die einzelnen Blütenkelche gerade so erkennen.
- Das Blütenkörbchen verhält sich heliotrop. Das bedeutet: Es richtet sich den Tag über immer nach der Sonne aus und schließt am Abend oder bei schlechtem das Körbchen. Bekannt ist dieser Effekt von Sonnenblumen, aber auch das Gänseblümchen nutzt diese Fähigkeit, um seine fragilen Blüten zu schützen.
Damit hast Du Dir jetzt eine ganze Menge Naturwissen über das eigentlich unscheinbare Gänseblümchen angeeignet. Achte doch beim nächsten Spaziergang mal darauf, ob Du eines entdecken kannst – und erfreue Dich gleichzeitig daran, dass es als einer der ersten Frühlingsboten die blühende Jahreszeit einläutet.